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Die Reise des Kunden im Geschäftsmodell des Handels

Customer Journey, Geschäftsmodell

Bevor ein Kunde seine Entscheidung für ein Produkt trifft, liegt meist ein langer Weg hinter ihm. Das Verständnis der Customer Journey wird zentrales Element für Geschäftsmodelle im Handel.

Noch vor wenigen Jahren ließ sich ein weitgehend linearer Weg zur Kaufentscheidung unterstellen. Damals begann der Kaufprozess mit der Wahl einer Einkaufsstätte und wurde maßgeblich von den Einstellungen des Verbrauchers zum Händler geprägt. Vor Ort wurde am ‚Point-of-Sale‘ die Ent­scheidung für (oder gegen) ein Produkt gefällt, abhängig von Sortimentsbreite und -tiefe, Warenpräsentation, Mar­kenwert des Produktes und Preis-Leis­tungs-Relationen.

Mittlerweile hat sich dieser Entschei­dungsprozess umgekehrt: zuerst erfolgt die Produktauswahl und erst im An­schluss die Wahl der geeigneten Ein­kaufsstätte.

Dies ist allenfalls und in wenigen Fällen durch einen konkreten Anlass einzu­schränken, der den Einkauf vorgibt. So zum Beispiel bei einer „inspirierenden“ Shoppingtour mit dem Partner oder auch beim dringlichen Bedarf nach Ver­brauchsgütern.

Das Dilemma der Transparenz

Der digitale Kunde ist gut informiert, ver­netzt, kennt seine Bedürfnisse und das Angebot sehr genau und verlangt nach einem einzigartigen Service oder Erleb­nis. Der Markt hat sich in einen digitalen Nachfrager-Markt gewandelt und der Kunde gestaltet sein individuelles Ein­kaufserlebnis zunehmend selbst.

Ein Dilemma für die Einkaufsstätten des Handels, ausgelöst durch zeitlich und räumlich nahezu unbeschränkte Infor­mationstransparenz. Dies erweitert auch unmittelbar das – bis noch vor Jahren räumlich begrenzte – Wettbewerbsum­feld im stationären Handel.

Neuer Fokus auf den Kunden

Wurden Einkaufsstättenwahl und Kauf­entscheidung in der Vergangenheit weitgehend (und stark vereinfacht) durch kommunikative und preispolitische Maß­nahmen beeinflusst, so stehen heute das Verstehen des Kunden sowie die In­teraktion mit dem Kunden vor, während und nach dem Kauf im Fokus.

Der Kunde soll dabei einerseits bereits in einer frühen Entscheidungsphase mit geeigneten Informationen versorgt wer­den, um die Einkaufsstättenwahl positiv zu beeinflussen.

Andererseits soll er möglichst positive Erfahrungen in sämtlichen Phasen des Kaufprozesses (inklusive der Nachkauf­phase) sammeln, um hohe Loyalität zur Einkaufstätte und eine hohe Rate positi­ver Weiterempfehlungen zu erzielen.

Bedeutung von Kontaktpunkten in der Customer Journey

Dabei gibt die Customer Journey Auf­schluss über die ‚Reise‘ eines Ange­bots-Interessenten oder Kunden. Bis der Kunde sein Ziel erreicht, hat er an unterschiedlichen Wegpunkten Berüh­rung zum Unternehmen. Hier erhält er Informationen, tritt in Interaktion und macht Erfahrungen.

Kontaktpunkte im Kaufprozess

Infolge der Digitalisierung haben sich jedoch die Kontaktmöglichkeiten des Handels mit dem Kunden vervielfacht, so dass die Reise des Kunden deutlich komplexer wurde. Kontaktpunkte werden idealerweise direkt vom Händler selbst bedient. Bei­spiele dafür sind: das Geschäft an sich, persönliche Beratung, Check-out Prozess, Newsletter, Print-Anzeigen, Website-Auftritt und Social-Media oder aber auch ein Reklamationsprozess.

Gleichwohl können Kontaktpunkte auch indirekt von Dritten besetzt werden, wie bei persönlichen Empfehlungen von Freunden oder Bewertungen in Commu­nities, dann allerdings mit nur geringeren Einflussmöglichkeiten des Händlers. Jede einzelne Customer Journey – der Weg über einzelne Kontaktpunkte bis zu einem Ziel – wird unterschiedlich ausfallen und die Wege der Kunden vollziehen sich dabei alles andere als geradlinig oder gar als lineare Abfolge immer gleicher Schritte.

Ein tiefgreifendes Verständnis der Kun­denbedürfnisse sind dabei der Schlüssel für eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung sowie für Weiterentwicklungen und Inno­vationen im Geschäftsmodell. 

Vermessung der Kontaktpunkte

Dieses Verständnis lässt sich nur durch eine Messung von Erfolg oder Misser­folg an den einzelnen Kontaktpunkten erreichen. Viele Instrumente existieren dafür, wie zum Beispiel die Analyse von Kundenfrequenzdaten im Ladenlokal, die Bonanalyse, Auswertungen zum Nut­zungsverhalten einer Website, Studien zur Kundenzufriedenheit oder die Aus­wertung von Kundenkarten.

Idealerweise werden dabei an den Kontaktpunkten Erfolgskennzahlen zur Reichweite (z.B. Kundenfrequenz, Web-Statistik), zur Interaktion (z.B. Verweildauer, Social-Likes), zur Konversion (z.B. Konversion von Besuchern zu Käufern, Coupon-Einlösungen) sowie klassische Leistungskennzahlen (z.B. Stammkundenumsatz, Cost-per-Order) erhoben.

Oftmals kommen die jeweiligen Mess­instrumente jedoch ‚stand-alone‘ und ohne eine Verknüpfung untereinander zum Einsatz. Dies kann zum einen durch „Legacy-Strukturen“ in der Architektur von Datensystemen erklärt werden. Zum anderen herrschen häufig noch Abteilungs-Denken oder eine zu geringe datengetriebene Kultur in der Organisation vor.

Zugegebenermaßen ist der Aufbau eines integrierten Messinstrumentariums kein ein­faches Unterfangen. Insbesondere in einem hybriden Umfeld mit stationären und digitalen Kontaktpunkten. Aber erst eine Verbindung der einzelnen Kontakt­punkte macht die tatsächliche Reise des Kunden sichtbar.

Wie in einem Trichtermodell lässt sich dann feststellen, an welchen Kontaktpunkten der potenzielle Kunde verloren oder aber zur nächsten Stufe mitgenommen wird.

Kundenzentrierung als Grundlage des Geschäftsmodells

Erst eine tiefe Kenntnis der Customer Journey ermöglicht auch deren Steuerung. Dies folgt zwei Zielen: Zum einen ist über die einzelnen Kontaktpunkte hinweg eine höchstmögliche Konversion von poten­tiellen Kunden hin zu kaufenden Kunden zu erreichen. Zum anderen dient die Steuerung einzelner Kontaktpunkten dazu, möglichst hohe Einkaufswerte bzw. Warenkorbgrößen zu erlangen.

Die Vermessung der Customer Journey gibt damit nicht nur Aufschluss über die Eignung von Marketing-Instrumenten – von der Sortimentsgestaltung bis hin zur persönlichen Beratung vor Ort – son­dern auch über die Ausgestaltung kun­denbezogener Abläufe und insbesondere den relevanten Nutzen des Geschäftsmodells für den Kunden an sich.

Dabei steht für das Geschäftsmodell die Frage im Vordergrund, warum Kunden bei einem Händler kaufen (oder kaufen sollen). Erst aus der Beantwortung des Nutzenversprechen lässt sich festlegen, wie verkauft werden soll und was verkauft werden soll.

Genau vor diesem Hintergrund setzt auch die Digitalisierung von Handelskonzepten zunächst ein ganzheitlich gedachtes und kundenzentriertes Geschäftsmodell voraus. Dies umso mehr, wenn sich stationäre Konzepte (mit ihren oftmals bereits dort vorherrschenden Organisations-Silos) digitalisieren oder auf den Weg der digitalen Transformation begeben.

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